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| LA DOLCE VITA 2011 | 
| Sonntag | 
| Sechs Tage Rom. Bella Italia! Sonne und 
		Pasta satt, während man in Deutschland bereits bibbert. Einfach das
		dolce vita 
		genießen und noch mehr das 
		dolce far niente… 
		Hey, hat da einer „fahren die etwa schon wieder nach Rom“ gesagt? Rom ist immer eine Reise wert. Leider war unsere übliche Unterkunft nicht verfügbar, weshalb wir uns kurzfristig nach einer Alternative umschauen mussten. Fündig wurden wir außerhalb der Stadt, im Süden, genauer gesagt, in einer Anlage für Camper. Das klingt zwar nach Zelten und Gemeinschaftsduschen (kann man dort auch, wenn einem nach solchen Unbequemlichkeiten ist), entpuppte sich aber als entzückende, sehr gepflegte Anlage, die mitten in einem lauschigen Wäldchen aus imposanten Pinien oder Schirmkiefern lag (leider hatten wir keinen Botaniker zur genauen Bestimmung zur Hand). Ein bisschen sah es so aus, wie ich mir einen Trailerpark in Louisiana vorstelle (nicht, dass ich schon mal einen besucht hätte): Kleine Wohneinheiten mit einer riesigen Veranda davor. Okay, es war nicht die weitläufige Villa, in der wir sonst zu wohnen pflegen, das Bad war so klein, dass sogar ein Liliputaner Platzangst bekommen würde, aber das Häuschen war neu und sauber, und zwei Leute in nebeneinander liegenden Zimmern konnten sich unterhalten, ohne dafür eine Tür öffnen oder die Stimme erheben zu müssen. Auf dem Hinweg machten wir Station in San Gimignano, 
		um ein Eis zu essen. Zugegeben, es ist ein ziemlicher Umweg, aber es ist 
		auch ein großartiges Eis, das beste der Welt nämlich, und das schon zum 
		fünften oder sechsten Mal. Geschlechtertürme aus dem Mittelalter, eine 
		wunderschöne Kirche und romantische Gässchen gibt es als Zugabe 
		obendrein. Nur Essen sollte man in dem Städtchen, das zu den 
		Top-5-Zielen in Italien zählt, nicht mehr, denn alle Restaurants haben 
		sich verschworen, die dämlichen Touristen kräftig übers Ohr zu hauen. 
		Wir suchten uns absichtlich ein lauschiges Plätzen unter Olivenbäumen, 
		abseits vom Rummel und so eingerichtet, wie man sich eine urige 
		Gaststätte aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert vorstellt, und alles 
		war wundervoll – bis das Essen kam. Okay, der Kellner war ebenfalls 
		ziemlich mürrisch, die Preise gesalzen und die Portionen winzig – damit 
		kann man leben, aber dann war das Essen auch noch richtig schlecht. 
		Verkochte Pasta und eine Sauce ohne besondere Aromen, ja wo sind wir 
		denn? Und die größte Frechheit war: Sie servierten TIEFKÜHLPIZZA!! Ein 
		Skandal… 
		 Wir erreichten Rom bei einbrechender Dunkelheit und 
		verfuhren uns prompt auf dem weitläufigen Gelände des Campingplatzes. Im 
		Grunde war es ganz simpel – wenn die Häuschen nicht alle gleich aussehen 
		und die Italiener sich die Mühe machen würden, irgendwo ein Schild 
		aufzustellen, das die Richtung angibt. Aber mit Schildern und 
		Wegbeschreibungen haben sie es ja grundsätzlich nicht. Sie nummerieren 
		jede Brücke auf der Autobahn (es könnte sie ja sonst jemand klauen, 
		schließlich sind wir im Land der Mafia), stellen sogar davor und 
		dahinter ein Schild mit der Nummer auf – und dann wundern sie sich, dass 
		ihr Budget für Wegweiser erschöpft ist. Sollen die Touristen nur nach 
		dem Weg fragen, man kann ihnen ja immer noch die Nummer der Brücke 
		nennen, unter der sie schlafen können, wenn sie ihr Ziel nicht 
		erreichen. Eine angenehme Überraschung war das Restaurant des 
		Platzes: gemütliche Tische unter den Bäumen, geschützt von 
		Bambusdächern, dazu eine witzige, aufmerksame Kellnerin, die uns bestens 
		versorgt hat. Und die Pizza erst! Hauchdünner Boden und im Steinofen 
		gebacken. Wir wunderten uns ja, warum so viele Streifenwagen im Hof 
		parkten und vermuteten Mafiakiller oder internationale Finanzbetrüger 
		als Ursache, aber es lag einzig an der Qualität der Pizza, dass hier so 
		viele Polizisten herumlungerten. Muss ich erwähnen, dass es von nun an 
		jeden Abend Pizza gab? Ein heftiges Unwetter riss uns mitten in der Nacht 
		aus dem Schlaf. Es klang wie der Kampf der Titanen, und ein wenig 
		fürchteten wir, unser neues Zuhause könnte weggespült werden. Aber am 
		Morgen war die Welt wieder in Ordnung. 
		 
		 
		 
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| Montag | 
| Gut gelaunt und voller Vorfreude auf die 
		kulinarischen Genüsse, die das Frühstück für uns bereit halten würde 
		(ein Blick auf die Karte verhieß bereits am Vorabend Omelettes und ein 
		leckeres Büffet), schlenderten wir zum Restaurant – und erlebten eine 
		weitere Überraschung: Unsere Kellnerin von gestern war nicht da, 
		stattdessen kümmerte sich um uns eine große, blonde Kollegin, die gut 
		Deutsch sprach (auch Italienisch, Englisch und Französisch), aber nicht 
		sonderlich herzlich war (und das gleich in vier Sprachen). Wir hatten 
		keinen guten Start, und unser Verhältnis blieb bis zur Abreise 
		angespannt. Die Walküre verkündete, dass die Karte nicht mehr gültig sei 
		und die Omelettes gestrichen seien. Wir könnten zwischen Büffet mit Ei 
		und ohne Ei wählen, verkündete sie und ließ uns ratlos zurück. Italienisches Frühstück ist eine Zumutung für 
		mitteleuropäische Gaumen. Nur Weißbrot und Marmelade, wenn man Glück hat 
		noch ein wenig Käse und Schinken. Kein Wunder, dass die Römer zwei Mal 
		am Tag warm essen müssen, wenn sie sich am Morgen nicht ordentlich 
		stärken. Bei uns gab es dazu noch Kaffee/Tee/Schokolade aus dem 
		Automaten. So viel man wollte. Lecker. Irgendwann ging ihnen dann das 
		Wasser aus (muss wohl verdunstet sein, denn trinken konnte man das, was 
		rauskam, nicht). Außer uns war nur eine große Gruppe Rentner anwesend, 
		die noch nicht über die Qualität des Frühstücks Bescheid wussten. 
		Polizisten ließen sich keine blicken. Es war seltsam still im Raum, bis 
		uns auffiel, dass die Rentner sämtlich taubstumm waren und sich mit den 
		Händen unterhielten. Eindeutig ein Vorteil – mit ihren flinken Fingern 
		räumten sie in Windeseile das ohnehin magere Büffet leer und ließen uns 
		dann allein.  In Rom trennten sich unsere Wege. Während unsere 
		Freunde sich Forum und Kolosseum ansahen, machten Mark G. und ich die 
		Kirchen der Stadt unsicher. In San Clemente stiegen wir sogar in die 
		Unterwelt hinab und besichtigten eine Villa aus dem ersten Jahrhundert 
		und einen alten Mithrastempel. Es war sehr warm dort unten und extrem 
		feucht, ein bisschen wie in einer Sauna. Daneben standen auch noch die 
		Lateran-Basilika auf dem Programm sowie diverse andere Gotteshäuser. Zum Mittagessen kehrten wir in ein kleines Restaurant 
		ein, das unser Reiseführer uns empfahl. Die „Hostaria I Clementini“ 
		bietet solide römische Küche mit großartiger Pasta und einem köstlichen 
		Clementinensorbet (der Name verpflichtet schließlich). Als wir dem 
		Patron von dem Eintrag im Reiseführer erzählten, seufzte und lachte er 
		auf unnachahmliche Weise, als hätte man ihm damit keinen Gefallen getan. 
		Wahrscheinlich muss er jetzt mehr Clementinen kaufen als früher.  Der Wetterbericht hatte Regen gemeldet, aber es blieb 
		bis zum Abend trocken. Nur auf dem Heimweg ging ein Platzregen nieder, 
		der uns trotz der Schirme durchweichte. Schuld daran war auch die 
		italienische Unfähigkeit zur Planung. Anstatt dafür zu sorgen, dass man 
		innerhalb des Bahnhofsgebäudes von einem U-Bahn-Gleis zum anderen kommt, 
		muss man eine Straße überqueren, sich durch einen Markt quetschen und 
		dann noch eine Treppenanlage herabsteigen. Das letzte, kurze Stück zu 
		unserer Unterkunft mussten wir nämlich im Bus zurücklegen, und die 
		Haltestelle befand sich zwar direkt neben dem Eingang der U-Bahn, nur 
		leider nicht neben dem Ausgang, was dem Architekten vermutlich erst 
		auffiel, als das Gebäude bereits fertig war. Nur leicht angefeuchtet 
		erreichten wir den Bus und freuten uns, glimpflich davon gekommen zu 
		sein. Dann entdeckten wir, dass das Dach undicht war… 
		 
		 
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| Dienstag | 
| Apropos Busfahren: Fahrpläne und Abfahrzeiten spielen 
		selbstverständlich keine Rolle. Es geht los, sobald der Fahrer seinen 
		Espresso getrunken und den neusten Tratsch mit seinen Kollegen 
		ausgetauscht hat. Vielleicht wartet man dann noch auf eine Frau, die im 
		letzten Moment angerannt kommt. Aber nur, wenn sie hübsch ist. Die 
		Fahrer pflegen aber noch ein ganz besonderes Vergnügen: Sie trainieren 
		die Fahrgäste für die Teilnahme an den Olympischen Spielen, bevorzugt im 
		Hundertmeterlauf. Jedes Mal, wenn wir im Bus saßen und auf die Abfahrt 
		warteten, kam jemand, rief etwas auf Italienisch, und alle Passagiere 
		sprangen auf, um quer über den Platz zu einem anderen Bus zu rennen, der 
		in dieselbe Richtung fuhr. Und wir rannten hinterher und fragte uns, 
		warum eigentlich. Vielleicht war den Verantwortlichen erst im letzten 
		Moment eingefallen, dass das erste Fahrzeug ins Depot sollte, oder der 
		Fahrer hatte sich einen Kaffee-Cornetto zuviel genehmigt. Oder sie 
		fanden ein besonderes Vergnügen daran, uns beim Rennen zu beobachten und 
		sich über unsere Unsportlichkeit zu amüsieren.  Die Fahrten nach Rom waren genauso spannend und 
		lehrreich wie unsere kulturellen Ausflüge. U-Bahn fahren bildet. Man 
		lernt unheimlich viel über seine Mitmenschen und ihre oftmals verqueren 
		Vorstellungen. Da gibt es etwa die Spezies der Entertainer, die glauben, 
		sie müssten ihr einzigartiges Talent unter Beweis stellen, ihre Umwelt 
		an ihrem empfindsamen Innenleben teilnehmen lassen und damit auch noch 
		Geld verdienen. Wir machten die Bekanntschaft mit einer 
		Schlagersängerin, die einen koffergroßen Verstärker hinter sich herzog 
		und kitschige Liedchen trällerte. Sie war zwar klein, aber dafür laut, 
		und ihr Repertoire war ebenfalls etwas beschränkt, aber man muss ihren 
		eisernen Willen bewundern. So nervig diese ganzen Castingshows auch 
		sind, immerhin bekommen die hoffnungsvollen Aspiranten dort klipp und 
		klar mitgeteilt, wie grauenvoll sie sind. In der U-Bahn neigen die 
		Künstler eher dazu, über dezente Andeutungen (Ohrenzuhalten oder die 
		hartnäckige Weigerung, die Darbietung mit ein paar Münzen zu belohnen) 
		hinwegzusehen. Sind ja ohnehin alles Kulturbanausen.  Immerhin: Ein südamerikanischer 
		Gitarren-/Panflötenspieler und Sänger war erstaunlich gut und 
		überraschte uns mit bekannter Andenfolklore wie „I Did It My Way“ oder 
		„The Sound Of Silence“. Dann gab es da noch den achtzigjährigen Geiger, 
		der im Anzug auftrat und uns in jeder Kurve befürchten ließ, er würde 
		das Gleichgewicht verlieren und durch den Wagon kugeln. Es ist ja schon 
		schwierig genug, Geige zu spielen, aber in einer rumpelnden U-Bahn ist 
		es unmöglich, und so klang seine Darbietung wie der Versuch einer Katze, 
		eine Arie von Puccini zu trällern. Erstaunlicherweise gab es pro U-Bahn 
		und Fahrt genau einen Künstler, so wie vor jeder Kirche nur ein Bettler 
		sitzt, seine verstümmelten Gliedmaßen reibt und jammert. Entweder 
		sprechen sie sich ab oder sind gewerkschaftlich organisiert. Wir haben 
		es leider nicht herausgefunden. Am zweiten Tag klapperten wir zu viert die Highlights 
		ab, die die Ewige Stadt zu bieten hat und die man sich immer wieder 
		anschauen kann: Die Spanische Treppe, die wir zum ersten Mal ohne 
		diverse Baugerüste erleben durften, die Fontana di Trevi, die zur 
		touristischen Version von Dantes Hölle mutiert ist (Gnade uns Gott, wenn 
		sich die breite chinesische und indische Mittelschicht eines Tages einen 
		Europa-Urlaub leisten kann) und die Piazza Navona. Auch ein paar Kirchen 
		standen wieder auf dem Programm, schließlich gibt es ja ein paar davon 
		hier. Und Caravaggios. Es war nicht geplant, aber die Werke des Malers 
		begegneten uns immer wieder, und einer von uns nennt ihn vermutlich 
		heute noch hartnäckig Carpaccio. Inzwischen könnten wir selbst Führungen durch Rom 
		anbieten. Wir kennen die Anzahl der Obelisken (angeblich sind es nur 
		zwölf, aber wenn man nicht hinguckt, mogeln sie ein paar dazu), wir 
		wissen, wie man gefahrlos eine Straße überquert (einfach nicht auf den 
		Verkehr achten, sondern in Todesverachtung loslaufen), und wir haben vor 
		Jahren das beste Restaurant der Stadt entdeckt und hoffen, es eines 
		Tages auch wieder zu finden. Auf der Rückfahrt ließ sich unser Fahrer etwas Neues 
		einfallen und erweiterte unser Trainingsprogramm um eine Übung im 
		Hürdenlauf. Da die Italiener Gehwege bzw. einen unbefestigten 
		Randstreifen an Landstraßen für pure Verschwendung halten (bei den 
		vielen Touristen, die jährlich kommen, macht es nichts, wenn ein paar 
		davon überfahren werden), werden die Haltestellen durch Leitplanken 
		geschützt. Da das Ein- und Aussteigen dadurch ein wenig beschwerlich 
		wird und die Italiener ein Herz für Omas und Frauen mit kleinen Kindern 
		haben, gibt es eine Lücke, und der Fahrer hält so, dass sich die Tür 
		direkt davor befindet. Aber nur eine Tür. Leider fuhr er diesmal so 
		dicht heran, dass man hinten nicht aussteigen und über die Straße zu der 
		Lücke laufen konnte, sondern über die Leitplanke klettern musste. Am 
		besten sprang man direkt aus dem Bus darüber. Und ich wette, im Spiegel 
		hat unser Fahrer alles genau beobachtet und sich darüber schief gelacht. 
		 
		 
		 
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| Mittwoch | 
| Der Mittwoch war heiß. 29 Grad, gefühlte 35 Grad, 
		kein Schatten, kein laues Lüftchen. Heute standen Michelangelos auf dem 
		Programm, aber nur die Skulpturen: der auferstandene Christus in Santa 
		Maria sopra Minerva, der Moses mit den Hörnern (vermutlich 
		zurückzuführen auf ein Missverständnis der Bibelübersetzung) in San 
		Pietro in Vincoli und natürlich die Pieta. Im Petersdom bekam man einen 
		Vorgeschmack darauf, wie die Welt sein wird, wenn sie von zehn 
		Milliarden Menschen bevölkert ist: überfüllt. Es war grauenhaft. Überall 
		Reiseführer, die mit ihren Schirmen herumfuchteln (eine junge Dame war 
		so winzig, dass ich beinahe über ihren Schirm hinwegblicken konnte, und 
		ihre Gruppe irrt vermutlich heute noch durch die Gassen des Vatikans), 
		jeder drängte und schubste und brabbelte etwas in seiner Landessprache. 
		Eine Gruppe Chinesen wäre beinahe achtkantig rausgeflogen, weil sie die 
		Kirche mit dem Oktoberfest verwechselt und sich gegenseitig laut lachend 
		Witze erzählt hat (vermute ich jetzt mal, sie könnten auch Marx zitiert 
		haben). Die vatikanischen Wächter wussten nicht, wen sie zuerst mit 
		einem eindringlichen Schhhh! zur Ordnung rufen sollten und wünschten 
		sich vermutlich den Eisernen Vorhang zurück oder zumindest die 
		Inquisition, um ein paar aufmüpfige Touris einer hochnotpeinlichen 
		Befragung zu unterziehen. Von andächtiger Stille keine Spur. Die Überraschung des Tages war Santa Maria degli 
		angeli e die martiri, eine Kirche, die aus dem Trepidarium der 
		Diokletianthermen entstanden ist. Es war das letzte Bauwerk 
		Michelangelos (da sage einer noch mal, es gäbe keinen roten Faden in 
		unseren Touren) und beeindruckt durch seine erhabene Größe und die 
		Helligkeit. Wirklich erstaunlich, wozu die Römer vor zweitausend Jahren 
		fähig waren. Wir hätten gerne noch weitere Kirchen besichtigt, 
		scheiterten aber an den Öffnungszeiten, die völlig uneinheitlich und 
		willkürlich sind (wir sollten es besser wissen, waren aber dennoch jedes 
		Mal überrascht). Die meisten haben eine Mittagspause von 12:30 Uhr bis 
		15:30 Uhr, manche machen erst um vier wieder auf, andere schließen dafür 
		schon punkt Zwölf. Eine hatte nur zwischen 12:30 Uhr und 13 Uhr 
		geöffnet, eine andere war montags geschlossen (genau der Tag, an dem wir 
		rein wollten). Niemand weiß es so genau, niemand kümmert sich darum, 
		schließlich verprellt man damit ja nur ein paar dumme Touristen, von 
		denen es ohnehin viel zu viele gibt. Wir werden also wiederkommen 
		müssen… 
		 
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| Donnerstag | 
| Nachdem wir gestern umgewandelte Thermen besichtigt 
		hatten, wollten wir uns heute verfallene ansehen. Die anderen weilten in 
		Ostia, Mark G. und ich fuhren ein letztes Mal nach Rom. Der Bus war so 
		voll wie nie zuvor, selbst Sardinen in der Büchse haben mehr Platz. Eine 
		Frau klatschte mir ständig ihren Pferdeschwanz ins Gesicht, und der Mann 
		neben mir hatte am Vortag ein 40-Knoblauchzehen-Hähnchen gegessen. Zum 
		Glück dauerte die Fahrt nur eine Viertelstunde. In Rom pilgerten wir zu den 
		Caracallathermen (Caracalla war der verrückte Kaiser, gegen den Russel 
		Crowe in 
		Gladiator kämpfte). Viele halten sie für die 
		beeindruckendsten Ruinen Roms, und sie könnten damit recht haben. 
		Natürlich ist das Kolosseum größer und besser erhalten, und das Pantheon 
		stellt sowieso alles in den Schatten, aber es reicht für Platz Drei. Da uns am nächsten Tag eine anstrengende Rückfahrt 
		bevorstand, kehrten wir früh zurück (wobei wir beinahe unsere 
		Haltestelle verschliefen) und verbrachten den Nachmittag am Pool. Die 
		vielen Thermen hatten uns inspiriert. Es war wie im Urlaub: Sonne, 
		Sonne, Sonne, dazu erfrischendes Wasser und nicht zu viele Gäste. Europa 
		hatte sich zum Stelldichein zusammen gefunden, man hörte Holländisch, 
		Schwedisch, Tschechisch, Russisch, Polnisch, Serbisch, Englisch und 
		Französisch, vielleicht auch noch ein paar andere Sprachen. Ein 
		britischer Junge traute sich nicht, ins tiefe Wasser zu springen, und 
		jammerte: „It’s cold!“ Sein Vater antwortete: „It’s beautiful – in a 
		cold way…“ Viel zu früh ging die Sonne unter und trieb uns 
		zurück ins Haus. Es gab ein letztes Mal Pizza und eine neue Kellnerin, 
		die uns wirklich das Fürchten lehrte (vermutlich hat sie in der Kantine 
		von Guantanamo gelernt). Die Walküre meinte, sie wolle sich einen neuen 
		Job suchen, wir wünschten ihr alles Gute. Aurelia, unsere 
		Lieblingskellnerin war gestresst, Ärger mit der Walküre vermutlich, sie 
		sagte, sie hätte nie frei und guckte so traurig, dass wir ihr sogar 
		geglaubt haben. Ein schöner Abend. Zumindest für uns. 
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| Freitag | 
| In aller Frühe ging es wieder zurück in die Heimat. 
		Unterwegs machten wir Station in Verona, der Stadt von Romeo und Julia, 
		und eine Hauptsehenswürdigkeit war der Balkon, den Shakespeare in seinem 
		Stück mit einer Szene verewigt hat. Frauen konnten ihn betreten (gegen 
		eine saftige Gebühr natürlich) und sich von ihrem Liebsten anschmachten 
		lassen. Der Verehrer konnte auch Gedichte zum Besten geben, 
		vorausgesetzt, er war schnell, da seine Julia meist schon nach weniger 
		als einer Minute von einer anderen Herzensdame vom Balkon gezerrt wurde, 
		und laut genug, um all die anderen Romeos niederzubrüllen. Einer der 
		romantischsten Orte Italiens. Aber Verona hat mehr zu bieten als einen überfüllten, 
		mit Graffiti übersäten Hinterhof, in dem Touristen eine Bronzestatue von 
		Julia betatschen. Der zentrale Platz, die Piazza delle Erbe, besteht aus 
		einem wunderschönen Ensemble von Palazzi aus der Renaissance, bewacht 
		vom Löwen des Heiligen Markus. Dass die Stadt einst zu Venedig gehörte, 
		merkt man auch daran, dass für jede Kirche Eintritt verlangt wird. 
		Geschäftstüchtig waren sie ja schon immer. Nach einem Spaziergang durch 
		die malerischen Gassen kehrten wir zu einem späten Mittagessen ein. 
		Diesmal hatten wir Glück und fanden ein nettes Lokal, das in erster 
		Linie darauf bedacht ist, seine Gäste zu verwöhnen, und nicht, sie 
		auszuplündern. Schon der Salat war ausgesprochen lecker, die Pasta 
		danach dann ein Gedicht. So schmeckt Italien… Nach einem solchen lukullischen Genuss, der noch durch einen Besuch in einer Bäckerei und den Erwerb diverser Küchlein erhöht wurde, fiel die anstrengende Rückreise über die Alpen kaum noch ins Gewicht. Schön war’s. 
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| LA DOLCE VITA 2011 | 
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