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| Pi-Jays DER DEUTSCHE FILM - BAUT MEHR AUTOS! | 
| Leserbriefe & Kommentare | 
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 Der deutsche Film ist tot. Sagen manche. Man könnte 
		auch sagen, er sei hirntot, was seinen Mangel an Kreativität vermutlich 
		besser erklären würde. Andere meinen, sein Zustand sei vielleicht nicht 
		sehr gut, jedoch einigermaßen stabil und bei weitem nicht so ernst, wie 
		böse Zungen gerne behaupten.  Wie alles im Leben ist auch dies eine Frage der 
		Perspektive. Wer gut im Geschäft ist und sein Geld mit Publikums- oder 
		Kritikererfolgen verdient, dürfte mit der Lage an sich zufrieden sein. 
		Viele Kinobesucher und manche Kinomacher verziehen dagegen schmerzhaft 
		das Gesicht. Während die einen Jubelfeiern für den deutschen Film 
		ausrichten, bereiten die anderen gerade seine Beerdigung vor. Unbestreitbar, dass einige deutsche Filme in den 
		vergangenen Jahren international für Aufsehen gesorgt haben, sei es als 
		rein deutsche oder als Co-Produktion. Es gab Kritikererfolge wie
		Das Leben der Anderen oder Das 
		weiße Band und sogar den einen oder anderen Kassenerfolg,
		Das Parfüm zum Beispiel, wobei 
		es interessant ist, dass der erfolgreichste deutsche Film in den USA 
		ausgerechnet die esoterische Doku 
		Erinnerungen an die Zukunft von 1973 ist. Aber
		Goodbye Lenin! lief zum 
		Beispiel auch im europäischen Ausland sehr gut. Am erfolgreichsten sind 
		hiesige Filme aber immer in Co-Produktion mit den USA oder 
		Großbritannien. Stellt sich die Frage: Muss Deutschland als ein 
		großes europäisches Land auch unbedingt eine große, international 
		erfolgreiche Filmindustrie wie seine Nachbarn Frankreich und 
		Großbritannien besitzen? Reicht es nicht aus, sich finanziell an 
		aufregenden Produktionen zu beteiligen und zu wissen, dass wir die 
		besseren Autos bauen? Wichtiger als das Ausland ist ja sowieso der 
		heimische Markt, und hier attestierte
		Der Spiegel anlässlich der 
		Berichterstattung über die Hofer Filmtage 2012 dem deutschen Film, dass 
		es ihm gar nicht mal übel ginge. Qualitativ gesehen. Gelobt wurden u. a. 
		ein von Babel inspirierter 
		Episodenfilm, der von „Fernweh und Heimatlosigkeit“ handelt oder eine 
		„Katastrophenkomödie“ über Hartz-IV-Empfänger. Hoch gelobt wurde von der 
		Presse in diesem Jahr auch Barbara, 
		der mit knapp 400.000 Besuchern für einen Film der eher sperrigen 
		Berliner Schule sogar relativ erfolgreich war, aber bei der Vergabe des 
		Deutschen Filmpreises abgewatscht wurde. Vielleicht war er manchen ja zu 
		erfolgreich? Oder vielleicht war 
		Halt auf freier Strecke einfach der bessere Film.  Darüber lässt sich trefflich streiten – sofern man 
		Filmkritiker oder leidenschaftlicher Cineast ist, denn die meisten 
		Deutschen haben weder den einen noch den anderen Streifen gesehen. Aber 
		Film wird in Deutschland ja gerne als Kunstform betrachtet und darf 
		ruhig – manche behaupten sogar: muss – elitär sein. Dabei ist der deutsche Film auf dem heimischen Markt 
		nicht erfolglos. Der Marktanteil lag in den letzten Jahren bei 15-25 
		Prozent, was im europäischen Vergleich gar nicht mal schlecht ist. 
		Abgesehen von Frankreich und Großbritannien stehen nur Italien, die 
		skandinavischen Länder und Tschechien besser da. Man könnte also durchaus sagen, dass alles gut ist 
		wie es ist. Es gibt ein, zwei qualitativ hochwertige Filme, die man 
		prämieren und auf die man im Falle eines internationalen Erfolges stolz 
		sein kann, und daneben gibt es ein paar populäre Hits, die für die 
		nötige Kasse sorgen. Leider gibt es aber inzwischen immer mehr Menschen 
		in der Branche, denen das nicht genug ist und die glauben, dass der 
		deutsche Film mehr leisten kann. Bereits im Februar 2011 fragte die
		FAZ in ihrem Artikel „Deutscher Film: Das System“: „Warum gibt es 
		hier so viel Talent - und so wenige gute Filme?“ Beantwortet haben das 
		unter anderem Vertreter der Sender, Produzenten, aber auch bekannte 
		Schauspieler und Regisseure, die sich im Grunde gegenseitig die Schuld 
		zugeschoben haben: Die Drehbücher seien zu schlecht, Produzenten mutlos, 
		Regisseure einfallslos, und außerdem seien die Projekte chronisch 
		unterfinanziert. Als ein Hauptproblem wurde auch der Konsenszwang 
		genannt: Da ein Film von Produzenten, den TV-Sendern, der Förderung und 
		dem Verleih gemeinsam finanziert wird, will jeder auch ein Wörtchen 
		mitreden bei seiner Gestaltung – was zur Folge hat, dass man sich auf 
		den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt. Große künstlerische Entwürfe 
		kommen auf diese Weise natürlich nicht zustande. Ein Jahr darauf schrieb Dominik Graf sein 
		vieldiskutiertes „Plädoyer für Trivialitäten, Schocks und brüllendes 
		Gelächter“ in der Zeit, in dem 
		er beklagte, dass der Mainstream hierzulande kaum noch gefördert werde. 
		Eine Förderung erfolge nur noch nach thematischer Relevanz, „gängige 
		Staatsthemen“ seien dabei „Integrationskonflikte, Neofaschismus, 
		Finanzbranchen-Kritik, RAF-Nachwehen, DDR-Aufarbeitungen et cetera.“. 
		Schaut man sich die Entscheidungen der Fördergremien an, kann man nur 
		zustimmen. Eng mit dieser Problematik verbunden ist die typisch 
		deutsche Unterscheidung zwischen Unterhaltungs- und ernsthafter Kultur, 
		wobei der ersteren immer etwas Anrüchiges und Zweifelhaftes angedichtet 
		wird. Erfolg ist ebenfalls suspekt, denn große Kunst kann nur von einem 
		kleinen Kreis Auserwählter begriffen und goutiert werden. So oder so 
		ähnlich sind die landläufigen Vorstellungen. Es gibt also das bildungsbürgerliche, den Menschen 
		verbessernde Aufklärungskino auf der einen Seite, das einen politischen 
		Auftrag und gesellschaftliche Relevanz besitzt und auf Schillers 
		Forderung zurückgeht, dass das Theater zur moralischen, 
		gesellschaftspolitischen und ästhetischen Förderung des Menschen 
		beizutragen habe, und auf der anderen Seite das Populärkino, das seine 
		Wurzeln im Varieté und auf den Jahrmärkten hat. Das eine wird gerne mit 
		Kunst in Verbindung gebracht, das andere mit Unterhaltung. Das eine wird 
		üppig gefördert, das andere nur widerwillig unterstützt. Diese unterschiedliche 
		Behandlung bei der Förderung ist das größte Problem des deutschen Films 
		und der Grund für die zunehmende Unzufriedenheit in der Branche.  Es gibt viele Produzenten, Regisseure, Schauspieler 
		und Drehbuchautoren, die Thriller, Action-, Fantasy- oder Horrorfilme 
		machen wollen und wissen, dass es dafür ein Publikum gibt. Doch 
		Fördergelder und Senderbeteiligungen gibt es nur für gesellschaftlich 
		relevante Filme, und man fragt sich, warum?  Woher kommt diese Fixierung auf das „Relevanzkino“? 
		Einen Hinweis liefert Julia von Heinz in ihrem Antwort-Artikel auf 
		Dominik Grafs Beitrag, der ebenfalls in der
		Zeit erschien: Weil die Filme 
		der 1950er und frühen 1960er Jahre revisionistisch waren und ihre Macher 
		sich weigerten, der neuen, jungen Generation Platz für ihre Visionen 
		einzuräumen, wandte diese sich dem Medium Fernsehen zu. In der Folge 
		entstanden anspruchsvolle, bildungsbürgerliche Fernsehfilme.  Im Laufe der Zeit geriet das Kino immer stärker in 
		die Abhängigkeit vom Fernsehen, und heute ist ohne Beteiligung eines 
		TV-Senders keine Finanzierung eines größeren Kinofilms mehr möglich. 
		Nirgendwo in der Welt sind Kino und Fernsehen so eng miteinander 
		verknüpft wie in Deutschland. Redakteure sitzen zum Beispiel in allen 
		wichtigen Fördergremien und entscheiden maßgeblich mit, was produziert 
		wird und was nicht. Regisseur und Produzent Thomas Frickel schrieb dazu 
		im Februar 2011 in der FAZ: 
		„Es gibt kaum eine Förderung, in der die Sender aus ihrer finanziellen 
		Beteiligung nicht erhebliche inhaltliche Ansprüche ableiten würden. Es 
		gibt Länderförderungen, aus denen die Sender für ihre eigenen Projekte 
		mehr Geld herausholen, als sie einzahlen. Und es gibt Länderförderungen, 
		in denen Tochterfirmen öffentlich-rechtlicher Sender im Wettbewerb um 
		die Mittel unabhängige Mitbewerber ausstechen. Kaum ein Fördergremium 
		kommt ohne Fernsehvertreter aus, in kaum einer Förderinstitution hat ein 
		unabhängiges Filmprojekt ohne sicheren Fernsehsendeplatz eine Chance.“ Zu behaupten, das Fernsehen habe das Kino praktisch 
		in Geiselhaft genommen und entscheide über sein Schicksal, klingt etwas 
		hart, vielleicht sollte man besser sagen: Wenn das Fernsehen früher der 
		rotzige, kleine Neffe der eleganten Tante Kino war, hat er nun die 
		Vormundschaft über die alte Dame übernommen. Dabei ist eine Beteiligung an einem Kinofilm für 
		einen TV-Sender durchaus von Vorteil: Erfolgreiche Kinofilme sind 
		nämlich auch erfolgreich bei ihrer Ausstrahlung im Fernsehen. Hits wie
		Der Schuh des Manitu oder 
		Keinohrhasen erzielen gute Quoten, doch populäre Stoffe findet man 
		eher bei den privatwirtschaftlich geführten Sendeanstalten. Die 
		Vertreter von ARD und ZDF machen sich in den Gremien zwar stark für die 
		„relevanten“ und „wichtigen“ deutschen Filme, nur laufen diese dann 
		meist im Spätprogramm oder auf einem digitalen Nischenkanal. Die 
		öffentlich-rechtlichen Sender tun also sehr viel für die Kunst – aber 
		nur solange die Filme ihnen nicht die Quoten verderben. So bleibt das Fernsehen zwar im Kino seiner Tradition 
		treu und fördert und fordert Stoffe, die gesellschaftliche Relevanz 
		besitzen, zeigt uns im Hauptprogramm aber gerne seichte Melodramen und 
		Schmonzetten. Ironischerweise sind sie damit thematisch manchmal gar 
		nicht mal so weit von den Förstern der Fünfzigerjahre entfernt… Wer zahlt, bestimmt, sagt der Volksmund. Wenn die 
		Fernsehsender Filme co-produzieren, haben sie auch das Recht, deren 
		Inhalte mitzubestimmen. Tatsächlich ist es allerdings so, dass der 
		Finanzierungsanteil der Sender an Kinoproduktionen von Jahr zu Jahr 
		schrumpft. Ihr Einfluss in den Fördergremien nimmt jedoch nicht ab, und 
		da sie außerdem in der Lage sind, durch die Verweigerung einer 
		Beteiligung Projekte zu verhindern, bestimmen sie weiterhin maßgeblich 
		das deutsche Kinoprogramm. Die Leidtragenden sind die Kinobetreiber, die zwar 
		die FFA-Abgabe bezahlen müssen, die davon geförderten Filme jedoch nicht 
		zeigen können, weil sie nicht in ihr Programm passen, und jene Produzenten, die gerne 
		andere Stoffe umsetzen würden, aber an den Ansprüchen der Förderungen 
		scheitern bzw. keinen Fernsehsender finden, der sie unterstützt, und 
		nicht zuletzt natürlich die Zuschauer, die nicht nur Relevanzkino sehen 
		wollen. Apropos Zuschauer. Laut der Studie „Film- und 
		Fernsehproduktion in Deutschland 2009 und 2010“ vom Dortmunder 
		Medienforschungsinstitut Formatt wurden in beiden Jahren jeweils 270 
		Kinofilme hergestellt. Das ist eine stolze Zahl. Eine andere Frage ist, 
		wie viele deutsche Filme der Durchschnittszuschauer gesehen hat. Von diesen 270 Filmen erreichten in 2010 nämlich nur 
		36 mehr als 100.000 Besucher (exakt 100.404 Zuschauer waren für Platz 
		167 in der Rangliste jenes Jahres nötig). Fast 87 Prozent der 
		Filme erreichten also nicht ihr Publikum! In jedem anderen 
		subventionierten Bereich würden bei solchen Quoten sämtliche 
		Alarmglocken schrillen, „aber der Deutsche hat immer zuerst gefragt, was etwas 
		für die Kultur wert sei, und erst danach, was es koste“, 
		schrieb schon Yvan Goll in seinem Roman
		Sodom Berlin von 1930.  Ist es daher verwunderlich, wenn Kinoketten oder der 
		Medienunternehmer Herbert Kloiber die FFA-Abgabe kritisch hinterfragen 
		und zu Reformen anmahnen? Schaut man sich die Charts 2012 an, wird die traurige 
		Lage des deutschen Films erst richtig ersichtlich: In den Top 20 gibt es 
		genau einen deutschen Film, Türkisch für 
		Anfänger – das ist schon nicht mehr nur enttäuschend, sondern 
		blamabel. Ein genauerer Blick auf die Produktionen mit über 
		100.000 Zuschauern zeigt, dass der deutsche Film nahezu ausschließlich 
		aus Kinderfilmen, Komödien, Dokumentationen, dem neuen (meist 
		bayrischen) „Heimatfilm“ und der anspruchsvollen Literatur- oder 
		Bestsellerverfilmung besteht – mehr scheint es in diesem Land nicht zu 
		geben. Ein abwechslungsreiches Genrekino wie man es aus anderen Ländern 
		kennt, existiert nicht. Immerhin haben es die Produzenten von
		Schutzengel und Die vierte 
		Macht versucht, was man ihnen hoch anrechnen muss.  Dabei liebt das Publikum Genrefilme, es bekommt sie 
		nur nicht made in Germany zu sehen, höchstens noch als Co-Produktion wie 
		die Resident Evil-Reihe. Wo 
		aber bleibt ein Film wie Das 
		fünfte Element aus hiesiger Produktion?
		The Others und
		Das Waisenhaus waren 
		erfolgreiche europäische Horrorfilme, warum kann es so etwas nicht bei 
		uns geben? Übermäßig teuer waren diese Filme nicht. Die Fernsehsender sind sicherlich das Haupthindernis 
		des deutschen Genrekinos, aber sie sind nicht die einzigen Schuldigen. 
		Natürlich gibt es auch schlechte Bücher, die ganz bestimmt nicht besser 
		werden, wenn neben dem Produzenten auch noch ein Verleih und ein Sender 
		mit hineinreden. Viele Autoren und Produzenten machen sich aber gar 
		nicht erst die Mühe, bestimmte Genrestoffe zu entwickeln, weil sie genau 
		wissen, dass sie diese ohnehin nie finanziert bekommen. Weil die 
		Produzenten immer 
		auf die Förderungen schielen, wird nicht der beste Film anvisiert, den 
		man machen kann, sondern der Stoff, von dem man glaubt, dass er am 
		ehesten gefördert wird. Leider gibt es keine unabhängige, deutsche 
		Filmproduktion. Filme sind teuer, der Markt überschaubar, und um einen 
		durchschnittlich teuren Film herzustellen, der am Ende (in der 
		Kinoauswertung) auch noch Gewinn 
		abwirft, müsste er schon ein Hit mit mindestens 1,5 Millionen Besuchern 
		werden. In anderen Ländern finanziert ein Hit fünf Flops, und das könnte 
		hierzulande auch so sein, wenn es Produzenten gäbe, die mehr auf Risiko 
		setzen würden. Produzenten vom Schlage eines Bernd Eichingers. Was müsste sich alles ändern, um das deutsche Kino 
		vielfältiger, aufregender und vor allem interessanter für den 
		Durchschnittszuschauer zu machen? Anspruchsvolle Filme werden zuhauf 
		gefördert und produziert – es wird, und da hat Dominik Graf recht, 
		höchste Zeit, endlich eine Lanze für den Mainstream zu brechen. Deutschland blickt auf eine lange Tradition des 
		Genrekinos zurück: Die Edgar-Wallace-Thriller, Abenteuerfilme à la
		Winnetou, Horrorfilme wie 
		Nosferatu und sogar Science-Fiction-Filme waren beim Publikum früher 
		sehr erfolgreich. Dahin müssen wir zurückkehren, dazu sollte man sich 
		aber auch dieser Tradition bewusst sein. Warum laufen im Fernsehen zum 
		Beispiel keine alten Filme mehr, außer
		Die Feuerzangenbowle und die
		Sissi-Filme in gefühlter 
		Endlosschleife?  Vielleicht wäre auch schon viel gewonnen, die 
		Fernsehsender zu zwingen, alle Filme, an denen sie sich finanziell 
		beteiligen, um 20:15 Uhr zu zeigen (natürlich sofern es der Jugendschutz 
		zulässt). Besonders die öffentlich-rechtlichen Anstalten würden dann 
		eher in Filme investieren, die auch ihr Publikum erreichen. Nebenbei bemerkt: Warum schrumpft eigentlich der 
		Anteil der Senderbeteiligungen und werden die Budgets für Fernsehfilme 
		immer weiter beschnitten, während für Sportrechte immer höhere 
		Summen ausgegeben werden? Vielleicht könnte man darüber nachdenken, die 
		Höhe der Ausgaben für Filme, Serien und Dokus an die für Sportereignisse 
		zu koppeln? Warum wird Erfolg hierzulande nicht wirklich belohnt? 
		Ein Regisseur, der einen erfolgreichen Film gemacht hat, bekommt nicht 
		automatisch für sein nächstes Projekt eine Förderung, sondern muss sich 
		immer wieder durch die Instanzen quälen und sich jedes Mal erneut 
		beweisen. In anderen Ländern rollt man den kreativsten Kräften den roten 
		Teppich aus, bei uns ist selbst der begabteste Regisseur nur so gefragt 
		wie sein nächstes – möglichst gesellschaftlich relevantes – Projekt. 
		Kein Wunder, dass viele unserer talentierten Regisseure nach Hollywood 
		gehen. Eine Möglichkeit wäre, die Macht der TV-Sender in den 
		Förderungen zu beschneiden, sie zu zwingen, ihre Plätze zu räumen, aber 
		das ist vermutlich ohne entsprechende Gesetze kaum möglich und 
		verspricht nicht zwangsläufig Erfolg. Eine zweite Möglichkeit wäre, die 
		Förderung umzubauen. Kultur ist laut Grundgesetz Ländersache. Warum 
		belässt man die Länderförderungen nicht wie sie sind, so dass sie 
		weiterhin das Relevanzkino fördern, und baut stattdessen die FFA um? Die FFA wird maßgeblich von den Kinobetreibern 
		finanziert. Warum sollten mit diesem Geld dann nicht auch jene Filme 
		gefördert werden, die den Betreibern zugute kommen? Filme, die dem 
		Publikum gefallen und der FFA dadurch weitere Gelder bescheren. Die 
		Statistiken beweisen, dass in jenen Jahren, in denen der Erfolg des 
		deutschen Films besonders groß war, im Kino auch ein Besucherzuwachs 
		generiert wurde. Mehr Zuschauer für deutsche Filme bedeutet also mehr 
		Zuschauer insgesamt. Wenn man sich mit Brancheninsidern und Filmfans 
		unterhält, stellt man immer wieder fest, wie groß die Unzufriedenheit 
		mit dem deutschen Film ist. Die Macher beklagen die Beschränkungen, 
		denen sie unterliegen, die Zuschauer die schlechte Qualität der Filme 
		und die Einseitigkeit ihrer Themen. Es wird also höchste Zeit, etwas an 
		dem System selbst zu ändern. Solange Unterhaltung in bestimmten Kreisen 
		hierzulande ein Schimpfwort ist, haben wir ein 
		grundlegendes Problem. Wir sollten endlich aufhören, abfällig über Relevanzkino 
		und Unterhaltungskino zu sprechen, als wäre das eine nur für eine 
		versnobte Minderheit und das andere irgendwie anrüchig. Der Festivalfilm 
		und der Publikumsfilm sind keine natürlichen Gegner, sondern die Seiten 
		derselben Medaille. Natürlich wird es nicht leicht sein, eine eindeutige 
		Trennlinie zwischen beiden Bereichen zu ziehen, genau einzuschätzen, was 
		Erfolg versprechen könnte und was nicht. Daher müssten vor allem die 
		Vielfalt und das Genrekino gefördert werden, mit dem Ziel, die deutsche 
		Kinolandschaft insgesamt zu bereichern. Eine Reform bedeutet auch nicht, 
		den Festivalfilm abzuschaffen, es geht vielmehr darum, ein ausgewogenes 
		Verhältnis in der Förderung zu schaffen, um ein besseres, aufregenderes 
		und vielschichtigeres deutsches Kino zu schaffen. Im Augenblick spiegelt die gängige Förderpolitik eine 
		kaum verhohlene Verachtung des durchschnittlichen Publikumsgeschmacks 
		wider, wobei die Komödie den undankbaren Part des Schoßhunds der 
		Filmkunst einnimmt. Aber für wen wird der deutsche Film gemacht, wenn 
		nicht für das Publikum? 87 Prozent aller geförderten Filme erreichen 
		nicht ihr Publikum, warum kann man das Geld, das dafür aufgewendet wird, 
		nicht zur Hälfte in Projekte stecken, die publikumsfreundlicher sind? 
		Dann blieben immer noch eine Menge Filme über, die die gewünschten 
		relevanten Kriterien erfüllen. Allein, es fehlt am nötigen Willen. Die Politiker 
		sehen keinen Handlungsbedarf, weil ihnen die Situation der Branche 
		fremder ist als das Leben eines Hartz-IV-Empfängers. Die Fernsehsender 
		haben kein Interesse daran, dass 
		sich etwas am status quo ändert, weil sie sonst an Einfluss verlieren 
		würden. Die großen Verleiher 
		machen in erster Linie ihr Geschäft mit ausländischer Lizenzware, sie 
		sind nicht unbedingt darauf angewiesen, dass der deutsche Film 
		prosperiert. Bleiben nur die Kinobetreiber und Produzenten, die 
		Schauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren – und die Zuschauer. Eine 
		groß angelegte Kampagne könnte vielleicht etwas ändern, ein Aufruf in 
		allen Kinos, in den Verbänden, im Internet, um Unterschriften für eine 
		Änderung des Filmförderungsgesetzes zu sammeln, die zu einer stärkeren 
		Förderung des Publikumsfilms führt. Eine Revolution von unten 
		gewissermaßen. Aber irgendwie hat man das Gefühl, das die meisten 
		bereits aufgegeben und sich mit dem miserablen Zustand des deutschen 
		Films abgefunden haben. Und immerhin bauen wir ja tolle Autos… 
		 
		 
 Pi-Jay 
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| Leserbriefe & Kommentare | 
| PS: Wie immer sind Leserbriefe zum Thema herzlich willkommen, außerdem kann hier im Forum diskutiert werden! | 
| Mark G. | 
| Kann Pi-Jay da nur zustimmen. Besonders brillant ist die Idee, die 
		Senderbeteiligung (gesetzlich) an eine Ausstrahlung um 20.15 Uhr zu 
		knüpfen - man dürfte wohl Bauklötze staunen, wie publikumsfreundlich die 
		deutschen Produktionen quasi über Nacht wären... Bei der Förderung würde ich sogar einen Schritt weiter gehen. Ich würde Mindestziele vorgeben, soll heißen: Alle geförderten Mainstream-Filme eines Jahres müssen eine Mindestbesucherzahl von 30 Mio. Besucher erreichen und mindestens zehn geförderte Arthouse-Filme müssen es entweder in das Hauptprogramm der A-Festivals geschafft haben oder Nominierungen für den deutschen oder europäischen Filmpreis einheimsen. Werden diese Vorgaben nicht erreicht, dann müssen alle Mitglieder der Fördergremien ausgetauscht werden. Nichts ist tödlicher für die Kreativität, wenn Misserfolg keine Folgen für die Verantwortlichen hat. Außerdem gefällt mir Pi-Jays Idee, den Kino-Etat der TV-Sender an den Sport-Etat zu koppeln. Die TV-Rechte der Mega-Sport-Events werden von Jahr zu Jahr teurer und ARD/ZDF werfen mit Summen um sich, als ob es kein Morgen gäbe. Warum z. B. kaufen ARD & ZDF gemeinsam die Rechte zur Fußball WM/EM (oder Olympiade), nur um dann jeder für sich Millionen von Euro für ein eigenes WM-Studio vor Ort auszugeben, anstatt unsere GEZ-Gebühren zu sparen und ein Studio für beide Sender zu bauen? | 
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